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Zur Bürgermeisterwahl 2021

Während es bundesweit mit der NPD bergab geht, beobachtete der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein 2020 einen Mitgliederzuwachs von 20 Personen beim hiesigen Landesverband: „Das lag vor allem am Kreisverband Mittelholstein und seinem Vorsitzenden Mark Proch, der es verstand, neue Mitglieder zu werben.“ Der Wahlkampf für die Bürgermeisterwahl in Neumünster, zu der Proch erneut antrat, verlief jedoch überraschend ereignislos. Im Gegensatz zu vorherigen Wahlkämpfen führten der jüngst wegen Körperverletzung verurteilte Ratsherr Proch und seine KameradInnen in den letzten Wochen keinerlei Wahlkampfstände in der Innenstadt durch, auch wurden keine Flugblätter o.ä. verteilt, weder an neuralgischen Punkten in der Stadt noch an der Haustür. Lediglich die anti-grünen Wahlplakate der NPD, die zudem für eine Law & Order-Politik warben, waren im Stadtbild zu sehen, außerdem schaltete die Partei eine Anzeige im Wochenanzeiger, die zwar abgedruckt wurde, für die sich die Zeitung aber im Anschluss entschuldigte.

Große Chancen dürfte sich Proch nach seinen 2,6% im vorigen Anlauf 2015 nicht ausgerechnet haben, andererseits hatte die AfD für die jetzige Bürgermeisterwahl keinen Kandidaten gestellt, so dass Proch sich erhoffen durfte, zumindest deren WählerInnenstimmen auf sich zu vereinen. Auch dürfte er sich versprochen haben, dass die QuerdenkerInnen, die in Neumünster zumindest einige Wochen lang regelmäßig auf der Straße waren, ihm seine Stimme schenken, hatte er mit der NPD doch vor einigen Wochen einen Aufmarsch gegen die Corona-Politik der Regierung durchgeführt. Am Ende stimmten 786 Menschen aus Neumünster für die verfassungsfeindliche NPD, was 3,1% der WählerInnenstimmen entspricht. Wegen der gestiegenen Wahlbeteiligung bedeutet dies ein leichtes Plus, nicht nur in Hinblick auf den prozentualen Anteil, sondern auch auf die absoluten Zahlen (2015 waren es nur 575 Stimmen gewesen). Die besten Ergebnisse erzielte die Partei dabei in Faldera (20 Stimmen entsprechend 6,3% im Wahlbezirk 31) und in der Stadtmitte (ebenfalls 20 Stimmen entsprechend 6,3% im Wahlbezirk 30). Im Wahlbezirk 11, dem zur Stadtmitte gehörenden Vicelinviertel, erlangte Proch mit 34 Stimmen ganze 8,6%, was auch daran lag, dass hier die Wahlbeteiligung nur bei gut 15% lag. Das Viertel, was selbst bei Wikipedia als „sozialer Brennpunkt“ bezeichnet wird und in puncto Wahlbeteiligung „in Schleswig-Holstein Tiefstwerte“ einfährt, steht seit Jahren im Fokus von sozialarbeiterischen Stadtteilprojekten – zumindest in Bezug auf die Wahlbeteiligung bisher ohne große Veränderungen bewirkt zu haben.

Lichtblick: Im Wahlkreis 14 in Tungendorf erlangte die NPD mit 5 Stimmen nur 1,0% der Stimmen.

Im Wahlkampf hatten sich alle anderen Parteien klar gegen die extrem rechte Partei positioniert:„Die NPD gehört ausgegrenzt. […] Und es geht auch nicht, dass Ratsmitglieder zusammen mit den NPD-Ratsherren draußen eine rauchen“, erklärte SPD-Kandidat Bergmann. Der Juso-Vorsitzende Paul Weber hatte 2019 den CDU-Bürgermeister Tauras, der jetzt in die Stichwahl eingezogen ist, kritisiert, weil dieser sich im Gegensatz zu anderen Stadtobersten geweigert hatte, rassistische NPD-Wahlplakate abzunehmen. Kirsten Eickhoff-Weber, SPD-Abgeordnete für Neumünster und Boostedt, hatte ein Jahr zuvor den Aufruf der antifaschistischen Bündniskampagne „Titanic versenken – Nazikneipen dichtmachen“ unterzeichnet, ebenso wie die Grünen Aminata Touré und Rasmus Andresen. Der grüne Bürgermeisterkandidat Sven Radestock hatte seinerseits im Juni 2020 an den Black Lives Matter-Protesten in Neumünster teilgenommen und musste sich nun von Mark Proch vorhalten lassen, Anhänger*innen seiner Partei seien für das Sabotieren der NPD-Plakate verantwortlich. Auch der amtierende Bürgermeister Tauras hatte sich von der extremen Rechten distanziert, hatte aber beispielsweise 2009 seine Teilnahme an einer Demo gegen den Neonazi-Treffpunkt „Club 88“ abgesagt, u.a. weil er „reichlich verärgert“ darüber war, dass die Organisator*innen der Demonstration gegen Auflagen der Stadt geklagt hatten.

Weitere Informationen zur Wahl von der Antifa Lübeck.

Wir hatten schon im Wahlkampf klargestellt: Der Kampf gegen den Faschismus kann nicht nur im Parlament stattfinden, organisiert und vernetzt euch, bildet Banden! Antifa bleibt Handarbeit