Kategorien
Neumünster

[NMS] Aufrufe zur Selbstjustiz in Neumünster: Rechtsextreme agitieren gegen Sexualstraftäter

Im Folgenden dokumentieren wir eine Pressemitteilung des Präventionsbüros PETZE:

„Nachdem Anfang September ein Sexualstraftäter aus Neumünster-Faldera zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, versuchen Rechtsextreme sich als
Rächer der Betroffenen zu inszenieren. So haben an den vergangenen Wochenenden jeweils Gruppen von 20-30 Rechtsextremen um den Neumünsteraner Ratsherren der NPD, Mark Michael Proch, sogenannte „Mahnwachen“ vor der Wohnung des Mannes abgehalten. Im Internet kursieren Aufrufe zur Selbstjustiz. Rechtsextreme aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern planen möglicherweise auch einen Aufzug durch die Stadt.

Pia Zeiher, Referentin des Präventionsbüros PETZE S-H stellt hierzu fest: „Generell ist die Forderung nach einem verbesserten Schutz vor sexueller Gewalt natürlich richtig. In diesem Fall versuchen die Rechtsextremen aber, Ängste von Eltern und Anwohner_innen zu schüren und sie für ihre eigenen Belange nutzen. Aufrufe zu Selbstjustiz sind demokratiefeindlich und helfen auch den Betroffenen nicht.“
Nils Raupach, Berater gegen Rechtsextremismus bei der Aktion Kinder – und Jugendschutz Schleswig-Holstein e.V. verweist auf die Ereignisse vom März 2012 in Leck: Dort hatten sich Neonazis an die Spitze einer Demonstration gesetzt und versucht, die Wohnung eines jugendlichen Sexualstraftäters zu stürmen. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Raupach: „Im Jahr 2012 hat Herr Proch es teilweise geschafft, sich an die Spitze größerer Demonstrationen unter dem Motto ‚Todesstrafe für Kinderschänder‘ zu setzen. Erst als sein politischer Hintergrund bekannt wurde, blieben die Rechtsextremen unter sich.

Schon mit der Wahl des Begriffs ‚Kinderschänder‘ diskreditieren diese Leute sich selbst, denn dieser diskriminiert die Betroffenen von Missbrauch doppelt. Schließlich geht es nicht darum, dass Opfer ‚geschändet‘ wurden und gerächt werden müssten. Vielmehr benötigen Betroffene Solidarität und Unterstützung.“

„In Fachkreisen ist man sich einig, dass es fatal ist, bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch derartiges Vorgehen Ängste zu schüren. Prävention gelingt nur durch sachliche Aufklärung und Selbstwertstärkung potenziell Betroffener, sowie durch ein aufmerksames Umfeld und soziale Trainingskurse“ ergänzt Zeiher aus der Praxis der Präventionsarbeit. „Mit gewalttätigen Neonazis und ‚Bürgerwehren‘ kommen wir da bestimmt nicht weiter.
Gemeinden und interessierte Eltern sollten sich bei der PETZE oder anderen Beratungs- oder Präventionsstellen nach sinnvollen Schutz – und
Präventionsmaßnahmen erkundigen.“ Das „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“ bietet auch umfassende Beratung und verfügt über eine Datenbank der Beratungs- und Präventionsstellen: Tel: 0800 – 2255530, www.hilfeportal-missbrauch.de“

Zu den Geschehnissen im Jahr 2012 siehe hier.