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Neumünster Regional

Neonazi in Rocker-Bandenkrieg verwickelt

Die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Hells Angels und Bandidos ist deshalb interessant, weil der ehemals in Neumünster ansässige Neonazi Peter Borchert darin verwickelt ist. Borchert war NPD-Landesvorsitzender und hat nach seiner Haftstrafe wegen Waffenhandels maßgeblich zur Radikalisierung der Neonazi-Szene im Norden beigetragen. Er war es z.B., der die „AG Kiel“ aufbaute.

Nachfolgend dokumentieren wir zwei Artikel vom Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag.

1.) Auszug aus dem Artikel „Rüsten Rocker zum Bandenkrieg?“ vom 20. Juni:

„Der Auftritt der Bandidos im Norden begann unspektakulär. Im Internet wurde auf der Seite der Rocker Chicanos erklärt, man habe ein Chapter (eine Untergruppe) „Chicanos MC Neumünster“ gegründet. Die Chicanos aber stehen Seite an Seite mit den Bandidos.
Dann traten die Bandidos auch öffentlich in der Stadt auf. Allen voran Meick K. (47), ein ehemaliges Hells Angels-Mitglied, das bei seinem alten Club in Ungnade gefallen sein soll. Der hünenhafte Mann hat offenbar die Fronten gewechselt und scheint den Bandidos beim Aufbau ihrer Strukturen zu helfen. Außerdem zeigt er sich auffallend häufig mit dem ehemaligen NDP-Landesvorsitzenden Peter Borchert in der Öffentlichkeit. Borchert war angeklagt, zwei Hells-Angels-Mitglieder niedergestochen zu haben, wurde aber freigesprochen.
Die Hells Angels reagierten umgehend auf die Auftritte der Rivalen. Am 1. Mai fuhren hundert Hells Angels durch Neumünster, trafen sich in der Stadtmitte zum Kaffeetrinken.“

2.) Artikel „Prozess wegen Beleidigung – Neonazi mit Messer im Gericht“ vom 23. Juni:

„Peter Borchert musste sich wegen Beleidigung verantworten – und war bewaffnet

Neumünster– Ganz so harmlos, wie sich der ehemalige NPD-Landesvorsitzende Peter Borchert gestern vor dem Amtsrichter in Neumünster präsentierte, scheint er nicht zu sein: Wenige Minuten, nachdem der mehrfach vorbestrafte Kieler eine Geldstrafe wegen Beleidigung kassiert hatte, nahm ihm ein Polizist im Gerichtssaal ein nach dem Waffengesetz verbotenes Messer ab.
Der Ermittler in Zivil war als Beobachter in anderer Mission im Saal. Denn der angeklagte Neonazi scheint in das aktuelle Machtgerangel rivalisierender Rockerbanden involviert zu sein. Der 35-Jährige, der sich mit Mitgliedern der Kieler Hells Angels überworfen haben soll, sucht zurzeit offenbar den Schulterschluss zu den Chicanos. Die wiederum kooperieren mit den Erzfeinden der Höllen-Engel, den Bandidos.
Zwar blieb gestern rund um den Prozess alles ruhig, doch der Polizist bewies ein wachsames Auge: Das silberne Messer, das sich recht klein zusammenklappen lässt, rutschte während der Verhandlung eine Idee zu weit aus der Hosentasche von Borcherts Jeans.
Mit der Stichwaffe in greifbarer Nähe schilderte der Angeklagte noch ausführlich, warum er am 23. Oktober 2008 als Untersuchungshäftling in der Justizvollzugsanstalt Neumünster einen Beamten des Landeskriminalamtes beleidigte. Laut Anklage überwachte der Ermittler einen Besuch von Borcherts Verlobter und einer Freundin. Dabei kam es zu Unstimmigkeiten, die Borchert mit der Bemerkung „Sie dummes Arschloch“ quittiert habe. Sowohl Borcherts Anwalt als auch die beiden Freundinnen stellten den Neonazi gestern als Opfer dar. Demnach habe der Beamte provoziert. Immer wieder wies Borchert außerdem wortreich auf „die verschärften Haftbedingungen“ hin, die ihm zu schaffen gemacht hätten, und bemängelte die Version des LKA-Beamten. Um ein Urteil wegen Beleidigung kam er dennoch nicht herum: 30 Tagessätze à zehn Euro muss der Neonazi jetzt zahlen. „Das ist ein Ergebnis, das ich in ähnlichen Fällen bei anderen Arbeitslosen auch auswerfe“, begründete der Richter. Damit blieb er unter der Forderung der Staatsanwältin, die 50 Tagessätze gefordert hatte.
Als der Polizist dem bekannten Rechtsradikalen einen Moment später völlig überraschend das Messer abnahm, war es auch mit der Schlagfertigkeit vorbei. Erst stammelte Borchert noch einige Begründungen, dann quittierte er dem Beamten die Übergabe der Waffe. Das Pikante: Als Borchert vor einem Dreivierteljahr in eine blutige Auseinandersetzung mit Mitgliedern der Hells Angels vor dem Kieler Amtsgericht verstrickt war, hatte er plötzlich auch ein Messer in der Hand.“