Weitere Infos demnächst auch auf der
Infoseite der antifaschistischen Kampagne „Club 88 schliessen!“.
Kategorie: Neumünster
Kein Naziaufmarsch in Neumünster!
UPDATE VOM 19.08.:
Die Anfahrtszeiten wurden geändert, siehe unten.
Hier außerdem zum Artikel Situation vor dem Naziaufmarsch.
Der Startpunkt der Nazis wurde vom Kleinflecken auf den Parkplatz zwischen Schleusberg und Wasbeker Straße verlegt!
[Bisher war geplant, dass die Nazidemo ab 11 Uhr auf dem Kleinflecken zusammenkommt und dann folgende Route läuft: Kleinflecken – Bahnhofstr. – Linienstraße – Wippendorfstraße – Goebenstraße – Roonstraße – Log In – Wasbeker Straße – Hansaring – Schleusberg – Kleinflecken] Das Ordnungsamt hat angekündigt, dass eine verkürzte Route geplant ist, falls
es zu Blockaden oder anderen Gegenaktivitäten kommen sollte. Die Nazis haben gegen die Auflagen geklagt, ein Ergebnis steht noch aus.
Antifaschistische Aktivitäten
Auf dem Konrad-Adenauer-Platz ist von 9-14 Uhr eine Kundgebung angemeldet, welche als Anlaufpunkt für AntifaschistInnen dienen sollen. Daneben werden einige Menschen versuchen, die Route der Nazis friedlich zu blockieren, und zwar an der Kreuzung in der Bahnhofsstraße (siehe Karte). Weitere Aktionen sind erwünscht.
Es wird für den 21.8. in Neumünster eine Infostruktur geben. Den Ticker findet ihr hier , fürs Handy gilt diese Adresse: http://2108nazifrei.wap.sh
Die Telefonnummern lauten für den EA 0174 842 0175 und für das Infotelefon 0174 845 7008.
Die AJZ (Aktion Jugendzentrum) in der Friedrichstraße wird ab dem Nachmittag, im Anschluss an die Aktionen gegen den Naziaufmarsch geöffnet haben und kann als Anlaufpunkt genutzt werden. Am Abend findet hier ein Antifa-Soli-Konzert mit der Band „Stumbling Pins“ aus Kiel statt.
Gemeinsame Anreise aus anderen Städten
Nutzt die Treffpunkte, gemeinsam können wir die Nazis stoppen!
Kiel: Treffen: Treffen 9.40 Uhr Hauptbahnhof / Abfahrt der RB um 9.55 Uhr
Lübeck: Treffen 7.50 Uhr Lübeck Hauptbahnhof (aktuelle Infos bei Basta! Linke Jugend)
Hamburg: Treffen 9 Uhr Reisezentrum / Abfahrt 9.20 Richtung NMS (aktuelle Infos bei a² Hamburg)
Bei allem gilt: Informiert euch kurzfristig über den aktuellen Stand. Je nachdem was sich herausstellt, können sich die Abfahrtszeiten und/oder die Treffpunkte in Neumünster noch ändern. Bleibt flexibel, checkt regelmäßig www.antifa-kiel.org & http://antifanms.blogsport.de
Der Aufruf:
Für den 21. August kündigen Neonazis aus Schleswig-Holstein einen „Ehrenmarsch“ anlässlich des Todestages des Preußenkönigs Friedrich des Großen in Neumünster an. Friedrich der Große starb am 17.8.1786 – für die Nazis allerdings wohl nur ein Vorwand an diesem Datum aus einem ganz anderem Grund auf die Straße zu gehen. Der 17. August steht innerhalb der Naziszene vor allem für das „Gedenken“ an den Hitler-Stellvertreter und Nazi-Kriegsverbrecher Rudolf Hess, welcher am 17.8.1987 im Gefängnis in Spandau Selbstmord beging. Hess war u.a. an der Judenverfolgung im besetzten Polen beteiligt.
Den zentralen Aufmarsch der Szene, der bis 2004 im bayerischen Wunsiedel, dem Ort wo Hess begraben liegt, stattfand, gibt es in dieser Form auch dank antifaschistischer Intervention nicht mehr. Seit dem kommt es jährlich immer wieder, auch in Schleswig-Holstein, zu „spontanen“ Aktionen von Neonazis rund um dieses Datum, die Bezug auf den Tod von Hess nehmen.
Den angekündigten Aufmarsch in Neumünster bewerben sowohl der Landesverband der NPD, als auch ein aus dem Kreis der neonazistischen „Aktionsgruppen“ betriebenes Internetprojekt. Nachdem es am 16.8.2008 zu einer nächtlichen „Spontandemonstration“ von etwa 40 Nazis in Kiel kam und 2009 etwa genauso viele Nazis am 17.8. einen „Fackelmarsch“ in Kellinghusen durchführten, wollen die schleswig-holsteinischen Neonazis nun offensichtlich einen legalen Rahmen für ihre Verehrung des Kriegsverbrechers Hess schaffen. Aus diesem Grund wurde wohl nun auch Friedrich der Große aus der Mottenkiste gezerrt. Bundesweit werden solche Veranstaltungen immer wieder von den Behörden verboten, da es sich um offensichtliche Ersatzveranstaltungen für den verbotenen Aufmarsch in Wunsiedel handelt.
Die Nazis wollen am Samstag den 21.8. um 11 Uhr am Bahnhof in Neumünster aufmarschieren.
Wir werden diesem geschichtsrevisionistischen und NS-verherrlichenden Aufmarsch nicht tatenlos zuschauen. Dort, wo Neonazis ihre Ideologie der Ausgrenzung und Unterdrückung, ihren Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus auf die Straße tragen, werden wir ihnen mit aller Kraft und Entschlossenheit entgegentreten.
Gemeinsam werden wir den Naziaufmarsch stoppen!
Samstag | 21. August 2010 | Antifa-Aktionen
9 Uhr | Bahnhof | Neumünster
Weitere Infos zum NPD-Aufmarsch und zu antifaschistischen Gegenaktivitäten folgen!
Wollt ihr bei der Mobilisierung helfen? Plakat und Flyer hier runterladen und dann entweder ausdrucken oder digital weiterschicken.
Habt ihr Lust, euch tiefergehend mit dem Thema zu beschäftigen?
– Im Antifa-Café am 12.8. in der Alten Meierei wird es einen kurzen Infoblock zum Naziaufmarsch in Neumünster geben.
– zu den bis 2004 stattgefundenen Aufmärsche in Wunsiedel siehe hier und auch hier
Anlässlich des am Sonntag, den 04.07.2010 stattfindenden Jubiläumsspiels gegen den FC St. Pauli werfen wir einen Blick auf die Neumünsteraner Fanszene: führende Mitglieder des VfR-Fanclubs Schwalefront gehören der Neonaziszene an, einer ist sogar Mitglied bei den Bandidos-Unterstützern Contras Neumünster. Wie reagiert der Verein auf diese Situation?
Bei Spielen des VfR Neumünster gab es schon früher Probleme mit Rechtsextremen. So wurden am 14.10.2001 beim Spiel gegen die St. Pauli-Amateure mehrere Personen von der Polizei verhaftet, weil sie im Stadium immer wieder rechtsradikale Parolen gerufen hatten. Auch lokale Neonazigrößen wie der damalige NPD-Landesvorsitzende Peter Borchert waren am gleichen Tag an Übergriffen auf St. Pauli-Fans beteiligt. Der aus dem Umfeld der Club 88-GründerInnen stammende Mike Denz pflegte europaweit Kontakte zu rechten Hooligans und geriet 1996 anlässlich des Fußball-Länderspiels zwischen Polen und Deutschland in Zabrze dadurch in das Blickfeld der Medien, dass er mit anderen vermeintlichen Fans neben einem „VfR-Szene Neumünster“-Transparent ein weiteres mit der auf den Holocaust anspielenden Aufschrift „Schindler-Juden Wir grüßen euch“ präsentierte (s. Photo links; das VfR-Transparent wird tw. von den Polizisten verdeckt).
Insgesamt spielten Rechtsextreme damals aber keine strukturell wichtige Rolle. Das scheint sich zu ändern. Neben dem VfR-Fanclub Die Treuen, der ca. 40 Mitglieder hat und über eine geregelte Struktur mit Vorsitzenden etc. verfügt, existiert die Schwalefront. Diese war bereits kurz nach ihrer Gründung 2003 in Kritik geraten: besonders umstritten war schon die Namensgebung, die „ja in Anbetracht der deutschen Geschichte mal gar nicht gehen sollte“, wie die Schwalefront selber auf ihrer Homepage resümiert. Als eines der Gründungsziele geben sie den Wunsch an, die „supportwilligen Leute einer Szene zu einem festen Kern zuformen [sic!]“.
Zu den treibenden Kräften gehörte bald der Schüler Manuel L., der im Stadion gerne auch Klamotten des rechtsextremen Labels „Thor Steinar“ zur Schau stellt und der für sein Profilbild des Internetforums studivz (siehe Abbildung rechts) in Manier der „Autonomen Nationalisten“ posierte, d.h. komplett schwarz gekleidet, inklusive Sonnenbrille und schwarzen Lederhandschuhen. Inzwischen wandelt er sogar den Spuren von Peter Borchert und trägt seit diesem Jahr in seiner Freizeit ganz offen die Kutte der Contras Neumünster, dem Unterstützerverein des verbotenen Chapters der Bandidos. Aus seiner Mitgliedschaft bei den Contras, die durch enge Verstrickungen aus Rockermilieu und Neumünsteraner Neonaziszene bekannt sind, macht L. auch im Internet keinen Hehl. Das Wappen (Photo rechts), das bei einigen der Kutten auf dem Rücken prangt, zieren verschiedene Waffen: eine Machete, ein Schlagring und zwei Pistolen – dass die Rocker die auf diese Weise signalisierte Gewaltbereitschaft auch Praxis werden lassen, hat jüngst der „Rockerkrieg“, der auch Neumünster erfasste, belegt. Wie oft in der Hooligan-Szene zu beobachten, ist L. im Berufsleben eher unauffällig: nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann, die er teilweise in Hannover absolvierte und im Februar 2009 beendete, arbeitete er für die Volks- und Raiffeisenbank Neumünster. L., der in der rechtsextremen Kampfsportschule Athletik Klub Ultra trainiert, hat die Entwicklung der Schwalefront zu großen Teilen beeinflusst: Neben hohen Alkoholkonsum („Suff ohne Ende“, wie sie selber auf ihrer Homepage schreiben) geben sie sich aggressiv, so wie unten auf dem Bild einer ihrer Busreisen zu Auswärtsspielen zu sehen. L. und seine Kameraden präsentieren die Faust als Zeichen der Kampfbereitschaft, im Hintergrund ist im Heckfenster des Busses eine Fahne von Troublemaker Streetwear zu sehen, die z.B. von der Bundeszentrale für politische Bildung als rechte Hooligan-Marke eingeordnet wird. Die Abkürzung „A.C.A.B.“ steht für „All Cops are Bastards“, also „Alle Bullen sind Schweine“.
Um im Stadion Stimmung zu machen, setzte die Schwalefront neben denkwürdigen Spruch-bändern wie „Altonas Cops auf Bustour“ oder „Klassenerhalt mit aller Gewalt“ (Photo unten) verstärkt auf so genannte Bengalos, also Feuerwerkskörper. Als herausragende „Pyroshow“ bezeichnen sie im Internet die Aktion beim Heimspiel gegen den SV Wilhelmshaven in der Saison 2004/2005, als „das komplette Stadionrund brannte“. Beim Auswärtsspiel in Heide im Oktober 2009 machten die VfR-Fans so viel Stress, dass sie von der Polizei zum Bus eskortiert werden mussten- der Courier berichtete, was die Schwalefront als „Propaganda“ bezeichnete. Die Spielberichte, die auf ihrer Homepage veröffentlicht werden, enthalten viele Elemente der gewaltverherrlichenden Hooligan-Sprache: beim Spiel gegen Büdelsdorf in der Saison 2007/2008 ist von „Party, geile Stimmung, durchgehender Hass“ die Rede, in Bezug auf die Partie in Kropp von „Mobaction und Zündeln“.
Dem Verein sind die Ausfälle dieses Fanclubs nicht verborgen geblieben: Im VfR-Forum musste der Administrator den Thread zum Thema „Demo zum Erhalts des AJZs heute (15.07.2008)“ schon einen Tag nach der Eröffnung wieder schließen, da sehr fremdenfeindliche und rechtsextreme Meinungen gepostet wurden, und der Administrator zu dem Schluss kam, dass die vermeintliche Diskussion eher Schaden anrichte als weiterhelfe. In diesem Forum tritt auch Manuel L. auf, und zwar unter dem Pseudonym „SF-Manuel“. Seine Signatur, mit der automatisch alle seine Posts ergänzt werden, lautet angelehnt an einen Slogan der NPD „All Cops are Bastards- Kampf, Aktion und Widerstand“.
Dennoch scheinen die neonazistischen Strukturen im Verein zwar nicht auf Akzeptanz, doch zumindest auf Toleranz zu stoßen. So wurde Manuel L. 1. Meister der VFR-Liga-Fans, einer Tippgemeinschaft, an der sich auch einige Treue beteiligen. Mitglied bei den Treuen ist auch Horst Micheel, der Wirt der Neonazi-Kneipe Titanic, dessen Sohn Björn ebenfalls enge Kontakte zu den Neumünsteraner Contras pflegt. Am 26.06.2010 organisierte Horst Micheel, der in der Vergangenheit selber bei Neonazidemonstrationen mitmarschierte, ein Amateur-Fußballturnier auf den Plätzen des VfR Neumünster, für das sowohl im VfR-Forum als auch in der Titanic geworben wurde.
Zwar ziert ein Netz-gegen-Nazis-Symbol die offizielle Homepage des VfR Neumünsters und konkrete Maßnahmen zur Lösung des Problems wurden angekündigt, über halbherzige Lippenbekenntnisse ging das Engagement bisher aber nicht hinaus. Andere Vereine sind dem VfR in dieser Hinsicht weit voraus, wie etwa der Gegner des an diesem Samstag stattfindenden Jubiläumsspiels, der FC St. Pauli. Neben dem Stadionverbot für neofaschistische Klamottenmarken wie Thor Steinar engagiert sich der Club in vielen verschiedenen antirassistischen Projekten, was gerade in einer Stadt wie Neumünster, in der Neonazis über eine weit gefächerte Infrastruktur verfügen und die von Spiegel TV vor einigen Jahren zur „neuen Hauptstadt der Bewegung“ gekürt wurde, enorm wichtig wäre. Der Verein muss nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten unterstreichen, dass er nichts mit Neonazis oder der organisierten Kriminalität der Bandidos zu tun hat, wenn er seiner Verantwortung als so bedeutender Verein Neumünsters nachkommen möchte. Stillschweigende Toleranz neonazistischer Umtriebe in den eigenen Strukturen ist auf jeden Fall das falsche Signal.
Alexander Hardt, Mitglied der inzwischen verbotenen Bandidos Neumünster, fungierte als Kontaktperson zum Vertrieb von Einbruchswerkzeugen wie Schlagschlüsseln, wofür er die Adresse des Club 88 angegeben hatte. Die entsprechende Internetdomain ist weiterhin auf Hardt gemeldet, den Kontakt hat nun allerdings Lars Bergeest übernommen, ein alter Freund von Hardt, den er aus dem Kreis Ostholstein kennt, wo beide als Neonazis aktiv waren. Das Postfach, das Bergeest für den Kontakt nutzt, befindet sich in Bordesholm.
Bergeest, der eine wichtige Rolle bei „Blood&Honour“ Dänemark innehat, stammt ursprünglich aus Cismar, Hardt hat eine Zeit lang in Neustadt i.H. gewohnt und stand dort 2006 auch wegen der Schändung des „Cap Arcona Denkmals“ im Zuge einer „Combat 18“-Aktion vor Gericht. Auch in jüngster Vergangenheit fielen beide mehrfach auf: Hardt wurde gerade im „Kommando Freisler“-Prozess verurteilt, Bergeest besuchte mit der DNF noch im März diesen Jahres den Naziaufmarsch in Lübeck.
Mehr dazu hier.
Im jüngst erschienenen Verfassungschutzbericht für Schleswig-Holstein wurde dem Club 88 eine „herausragende Rolle“ bescheinigt. Insgesamt habe es fünf Rechtsrockkonzerte gegeben, dazu acht Liedermacherauftritte, wovon sieben im Club 88 stattfanden. „Dort haben sich dann bis zu 70 Zuhörer eingefunden“, so zitiert Horst Freires auf der Seite Blick nach Rechts (bnr.de) den Bericht. „Das Format der Musikveranstaltungen ist zunehmend lokaler und regionaler ausgeprägt gewesen, dazu kleiner und mit einer wachsend konspirativen Vorbereitung. Seitens der Veranstaltungen sind verstärkt rechtsextreme Straftaten registriert worden“, heißt es weiter.
Den ganzen Artikel findet ihr hier.
Am Vormittag des 27.4.2010 fand vor dem Amtsgericht Neumünster ein weiterer Prozess gegen Nico Seifert statt. Hintergrund war der Angriff auf den Pressesprecher des Bündnis gegen Rechts im vergangenen Sommer (Berichte siehe hier: Aufruf / Bericht über die Demo).
Neben etwa ein dutzend AntifaschistInnen waren auch 6 Nazis anwesend, darunter Nico Seifert und Manuel Fiebinger, der auch bereits den Prozess im Februar mitbegleitete. Am Eingangsbereich wurden beide Gruppen strengen Körperkontrollen unterzogen, wobei bei den Nazis auch einige Gegenstände vorrübergehend konfistiert wurden.
Der öffentliche Prozess begann mit etwas Verzögerung um kurz nach 11:00 Uhr. Von Anfang an lief dieser für Nico Seifert nicht sehr glücklich, da sein Anwalt Herr Lehmann sich schon in den ersten Minuten mit dem Richter und dem Oberstaatsanwalt lautstark in die Haare bekam, was sich auch im weiteren Verlauf der Verhandlung nicht wesentlich ändern sollte. Die Aussage von Nico Seifert war gefüllt mit etlichen Lügen und Widersprüchen des Tathergangs, was sich auch durch die Zeugin Kirchoff, die ihn eigentlich entlasten sollte, weiter bekräftigte.
Spätestens durch die Aussage des Polizeibeamten, die sich mit der Aussage des Bündnissprechers deckte, war klar, wie der Prozess enden würde.
Nico Seifert wurde vom Amtsgericht Neumünster zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro und einem Fahrverbot von 3 Monaten verurteilt. Damit liegt der richterliche Beschluss sogar über der Forderung des Oberstaatsanwaltes. Strafmindernd floß jedoch sicherlich auch die Bekräftigung Seiferts ein, er würde am 1.8.2010 eine Ausbildung als Fleischer beginnen.
Dass Nico Seifert sich selbst als Straight Edge bezeichnet und ein „I love Tofu“ Aufkleber am Auto hat, lassen wir mal so dahingestellt.
Abschließend lässt sich sagen, dass das Medienkollektiv von Antifainfo Neumünster die Verurteilung Nico Seiferts als einen erneuten Erfolg gegen faschistische Bestrebungen in Neumünster und Umgebung sieht.
Nachfolgend dokumentieren wir noch die offizielle Pressemitteilung des Bündis gegen Rechts Neumünster.
(Zur Info: Nico Seifert wurde am 18.2. wegen eines anderen Vorfalls zu 60 Arbeitsstunden und einer Geldstrafe von 400,- Euro veurteilt. Siehe hier.)
Bündis gegen Rechts Neumünster vom 27.4.10:
„Pressemitteilung: Neonazi wegen Angriffs auf Pressesprecher des Bündnis gegen Rechts Neumünster verurteilt
Am 27.4 wurde vor dem Amtsgericht Neumünster der 22 jährige Neonazi Nico Seifert zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen a 10€ und einem 3 monatlichen Entzug der Fahrerlaubnis verurteilt. Nico S. hatte im Juni vergangenen Jahres den Pressesprecher des Bündnis gegen Rechts Neumünster in dessen Fahrzeug mit seinem PKW zunächst versucht von der Spur zu drängen und anschließend die Fahrzeugscheibe mit einem Teleskopschlagstock eingeschlagen.
Für Nico Seifert war dies bereits die zweite Verurteilung in diesem Jahr. Im Februar war er wegen schwerer Körperverletzung vor dem Amtsgericht zu 60 Arbeitsstunden und 400 € Schmerzensgeld verurteilt. Am Rande einer NPD-Kundgebung vor dem Kieler Rathaus hatte er im Mai 2008 zusammen mit Kieler Neonazis eine kleine Gruppe AntifaschistInnen überfallen und teilweise erheblich verletzt.
Der jetzt verhandelte Vorfall fügt sich ein in eine Reihe von Nazianschlägen im vergangenen Jahr in Neumünster. Seit Anfang 2009 wurden mehrfach Fahrzeuge von Personen beschädigt, die den Nazis mutmaßlich als aktive Menschen aus der antifaschistischen und antirassistischen Arbeit bekannt sind. Im Mai 2009 überfielen rund 10 Neonazis eine kleine Gruppe TierrechtlerInnen bei einer Protestaktion vor dem Zirkus, auch hier wollen Zeugen Nico Seifert als einen der Täter erkannt haben.
Hinter den Übergriffen stand die sog. „Aktionsgruppe Neumünster‘‘, die sich selbst im Internet zu ihren Taten bekannte und bei fortgesetzter antifaschistischer Arbeit weitere Gewalttaten ankündigte.
Als Reaktion auf die Vorfälle hatten im Juni 2009 rund 250 Menschen in Einfeld gegen neonazistische Gewalt demonstriert und Nico Seifert öffentlich als einen der Hauptverantwortlichen benannt. Nach dieser Demonstration und der Öffentlichkeitsarbeit fand der organisierte Naziterror in großen Teilen ein vorläufiges Ende.
Nico Seifert war vor Gericht von weiteren Neonazis, die z.T. der „Aktionsgruppe Neumünster“ angehören, begleitet worden, denen bei betreten des Gerichtssaales zunächst mindestens eine Schlagwaffe abgenommen wurde. Nicht zuletzt dies belege die fortgesetzte Gewaltbereitschaft und unterstreiche auch weiterhin die Notwendigkeit antifaschistischer Arbeit, gerade in dieser Stadt.“
*UPDATE* 30.4.2010
Bericht des Holsteinischen Courier:
NEONAZI SPIELT WILDWEST IN DER ROONSTRASSE
30. April 2010 | Von Jens Bluhm
Der Sicherheitsaufwand war nicht ohne: Schon am Eingang des Gerichtsgebäudes filzten Polizei und Justizbeamte Besucher aus der rechten und der linken Szene, vor und im Gerichtssaal selbst sollten gleich mehrere Justizbeamte mögliche Ausschreitungen unterbinden und für Ruhe sorgen. Immerhin ging es in der Verhandlung auch um ein kleines Stückchen Kleinkrieg zwischen den verfeindeten Lagern: Auf der Anklagebank saß Nico S. (23), stadtbekannter Aktivist der rechtsradikalen Szene in Neumünster. Der wichtigste Zeuge war Gero G. (20), ein Wortführer aus der links-alternativen Szene.
Allerdings waren es nicht die verfeinden Unterstützer auf den Zuschauerbänken, sondern Richter und Verteidiger, die sich gleich zu Beginn der Verhandlung mächtig in die Haare gerieten: Als der Richter den allzu lässig im Stuhl hängenden Angeklagten aufforderte, sich ordentlich hinzusetzen, fühlte sich dessen Verteidiger auf den Plan gerufen: „Ach lassen Sie das doch, so wollen wir gar nicht erst anfangen!“ Der Richter nahm sich daraufhin wutschnaubend den Anwalt zur Brust: „Ich verbitte mir diesen Ton. Ich verlange Respekt vor dem Gericht!“
Dass sich der Verteidiger kurz darauf auch noch mit dem Staatsanwalt anlegte, weil der ihn wegen einer angeblichen Suggestivfrage rügte, verbesserte das Klima im Saal nicht gerade.
In der Sache ging es um eine wilde Verfolgungsfahrt, die sich der Angeklagte im vergangenen Juni, am Tag der Europawahl, mit Gero G. auf der Roonstraße und der Wasbeker Straße lieferte. Laut Anklage soll Nico S. seinem Widersacher, dessen Wagen er auf der Straße erkannt hatte, verfolgt und ihm mit einem Schlagstock aus dem fahrenden Wagen heraus das hintere Fenster seines VW-Busses zertrümmert haben.
Nico S. bestritt das: Nicht er, sondern sein Gegner habe ihn mit waghalsigen Fahrmanövern verfolgt und von der Straße abgedrängt. Nur zum Selbstschutz habe er mit dem Stock aus dem Autofenster heraus gedroht, dabei vielleicht auch den VW-Bus gestreift, aber keineswegs gezielt zugeschlagen.
Gero G. beschrieb das anders und blieb dabei: Der Angeklagte habe ihn attackiert und ihm mit zwei Schlägen das Autofenster zertrümmert.
Fast zwei Stunden versuchte das Gericht zu klären, wer in welcher Phase der Wildwestfahrt über die Roonstraße nun Jäger, wer Gehetzter war. Auch eine Zeugin, die das Rennen als Beifahrerin von Nico S. live verfolgte, konnte nur wenig Erhellendes beisteuern.
Bündnis gegen Rechts zeigt sich erleichtert
Letztlich schenkte das Gericht der Aussage des Zeugen Gero G. Glauben, der seine Version mit einem Eid bekräftigte. Seine Darstellung deckte sich darüberhinaus weitgehend mit der Schilderung einer Polizeistreife, die allerdings nur den letzten Teil der Jagd über die Roonstraße verfolgt hatte.
Gegen den Angeklagten sprach aus Sicht von Richter und Staatsanwalt auch das rätselhafte Verhalten von Nico S. nach der wilden Sause. Nachdem die Polizei ihn gestoppt hatte, gab er zwar zu, gerade eine rote Ampel überfahren zu haben, sagte zu der angeblichen Bedrohung durch Gero G. aber keinen Ton. Richter und Staatsanwalt folgerten daraus, dass es diese Bedrohung in Wahrheit nie gegeben hatte.
Wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung verurteilte das Gericht den derzeit arbeitslosen Angeklagten zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Darüber hinaus verhängte der Richter ein dreimonatiges Fahrverbot. Der Schlagstock wurde eingezogen.
Das „Bündnis gegen Rechts“ zeigte sich gestern erleichtert über die Verurteilung. Der verhandelte Fall füge sich nahtlos in eine ganze Reihe von Nazi-Anschlägen ein, bei denen Autos von Personen beschädigt worden seien, die sich gegenrechtsradikale Gewalt engagierten, heißt es in einer Stellungnahme. Der Fall belege die fortgesetzte Gewaltbereitschaft der Neonazis.
In diesem Frühjahr gibt es wieder einige Informations- und Diskussionsveranstaltungen von verschiedenen Vereinen und Organisationen getragen vom Bündnis gegen Rechts Neumünster.
Unter folgendem Link könnt ihr euch die Veranstaltungen als PDF herunterladen.
24.4. Laut gegen Rechts 2010
Auch in diesem Jahr wird es wieder ein Laut gegen Rechts Festival in der AJZ geben.
Am 24.4. werden insgesamt 10 Bands aus verschiedenen Genres auftreten. Anschließend findet noch eine Aftershow Party mit DJ’s im Kulturverein DaDa e.V. am Waschpohl (KDW) statt!!
Das sollte mensch sich auf jedenfall nicht entgehen lassen!
Open Doors: 14:00 Uhr
Live-Musik: 15:00 – 01:00 Uhr
Aftershow Party: ab 0:00 Uhr