Am 25.09.2021 demonstrierten rund 100 Menschen gegen ein Kategorie C-Konzert in der Titanic. Detailliertere Einblicke bieten die Artikel von Jannis Grosse und Andreas Speit.
Autor: 161nmsblog
Der AfD-Nazi Steffen Schröter kommt offensichtlich aus Berlin zu uns ins schöne Neumünster.
Er scheint eine Chaos-Figur zu sein und pflegt anscheinend die Nähe zu rechtsextremen Milieus. In einer Stellungnahme der LINKEN im BVV Neukölln wird von “permanenter rassistischer Hetze” aus der AfD-Fraktion gesprochen.
Chaos-Schröter: Am 27. Dezember 2018 trat Steffen Schröter aus der AfD-Fraktion im Bezirksparlament von Berlin-Neukölln aus, damit musste die Fraktion aufgelöst werden, weil sie nicht genügend Mitglieder hatte. Kurz darauf trat Schröter wieder in die alte Fraktion ein.
Schröter ist in Neumünster durch hasserfüllte Postings aufgefallen: Er behauptet, 130 Migrant*innen wären in Neumünster “abschiebepflichtig” und “kriminell”. Auf den Wahlplakaten der AfD wird gefordert: “Köln, Kassel oder Konstanz vertragen nicht mehr Kabul”. Bei den heutigen Protesten gegen die AfD in Neumünster hat dieses Plakat sehr viel Unmut auf sich gezogen.
Nazi-Schröter: Der AfD-alt-Verordnete Steffen Schröter äußerte 2018 auf Facebook Zustimmung („Sehr gute Aktion“) zu eventuellen Streifgängen der NPD und fragte, ob er sich beteiligen könne. Als er erfuhr, dass es sich bei der „Streife“ nicht um eine „Aktion einer Bürgerinitiative“, sondern der NPD handele, zog er seine Bitte um Teilnahme (nicht jedoch seine Zustimmung) förmlich zurück. Sprich: Eine nicht NPD-gebundene rechtsradikale Bürgerwehr fände Schröter schon unterstützenswert. Dass es sich um eine Aktion der NPD handelt, verrät ein Klick in die „Info“ der Facebookseite.
Der zustimmende Kommentar von Steffen Schröter befindet sich zum Nachlesen auf der Facebookseite der LINKEN in Berlin Neukölln.
Wir sagen: Treiben wir “AfD-Schröter” wieder in das Loch, aus dem er hervorgekrochen ist, und stoppen wir diese Menschen, die demokratische Prozesse abschaffen wollen.
Und es gilt noch immer: Kein Raum der AfD! Zuletzt wurde der AfD vom Jugendverband Neumünster ein Podium geboten, auch wenn die Berichterstattung im Holsteinischen Courier doch recht kritisch war. Viele gutgläubige deutsche Bürger:innen betonen immer wieder gebetsmühlenartig, dass es doch total demokratisch wäre, die „gewählten Parteien“ einfach diskutieren zu lassen.
Aber die AfD ist keine „normale“ oder „demokratische“ Partei, wie sie sich nur allzu gern darstellt. Sie ist eine Gefahr für alle, die frei, gleichwertig und in Solidarität leben wollen.
AfDler:innen wollen selbst nach der Einnahme der Taliban noch Menschen nach Afghanistan abschieben, sie leugnen den Klimawandel, sie sind gegen Abtreibungen und wettern gegen den Mietendeckel, sie haben unglaublich viele Verbindungen zu knallharten Neonazis und wenn’s sein muss lenken sie auch mal Autos in politische Gegner:innen.
Nazis morden!
Am 17.09.1991 ermordeten zwei Männer im Rencks Park in Neumünster einen Obdachlosen.
Motive werden ignoriert
Marginalisierte Gruppen sollen gegeinander ausgespielt werden
Es wird gehasst wie früher
Schon im Dritten Reich wurden Obdachlose zum „Schutz der deutschen Rasse“ zu „Asozialen“ erklärt. Ab 1993 werden etwa 10.000 Männer, Frauen und Kinder in Konzentrationslager verschleppt, zwangssterilisiert oder ermordet. Sie seien „nicht lebenswert“ und schaden der Rassenhygiene. (wz.de)
Es war kein Einzelfall
Was getan werden muss
Keine Straßennamen für Nazis
Deutschland hat nie ernsthaft versucht, sich der Vergangenheit zu stellen und diese aufzuarbeiten. Uniformen der Wehrmacht wurden gegen Uniformen der Bundeswehr getauscht und Uniformen der SS gegen Uniformen der Polizei. Aber auch in der Politik, dem Verfassungsschutz und der Wirtschaft haben Nazis ihre Posten bekommen. Deutschland wurde mit dem Ende des 2. Weltkriegs nicht entnazifiziert, wie es gerne behauptet wird. Stattdessen wurden Straßen, Plätze und Bundeswehrkasernen nach Nazis oder deren Verbündeten benannt.
In Neumünster gibt es wie in vielen anderen Städten in Deutschland noch diese Straßennamen. Es gab Informationskampagnen, Änderungsvorschläge und andere Versuche, diese Schandflecken zu entfernen. Aber anstatt die Straßen umzubenennen und nach zum Beispiel Widerstandskämpfer*innen oder Opfern rechter Gewalt zu benennen, sollen lieber Tafeln zur Aufklärung angebracht und nochmal in 5 Jahren drüber nachgedacht werden, ob es in Ordnung ist, Nazis weiterhin diese Bühne zu bieten. Wir haben der Stadt die Chance gelassen. Sie haben sie nicht genutzt. Dementsprechend mussten wir selbst handeln und haben kurzerhand den Namen der Nazidichterin und Hitlerverehrerin Agnes Miegel unkenntlich gemacht. Wir werden das solange tun, bis die Stadt endlich die Straßen umbenennt und den Menschen die Ehre erweist, die sie verdient haben. Wir haben da auch direkt ein paar Vorschläge:
– Agnes-Miegel-Straße → Anni-Wadle-Straße
– Pastor-Keding-Weg → Egon-Salomon-Minden-Weg
– Noldestraße (benannt nach Emil Nolde) → Rosa-Preminger-Straße
– Julius-Brecht-Straße → Theodor-Müller-Straße
– Carl-Bosch-Straße → Conrad-Klug-Straße
Antifaschismus heißt Nazis bekämpfen, wo sie sind. Dabei ist es uns egal, ob es sich um ein Straßenschild, eine Kneipe oder einen Tattooladen handelt. Wir bleiben weiter aktiv. Nazi sein heißt Probleme kriegen.
#KeineStraßedenFaschisten
#FürmehrEisberge
#FGHTNZS
#161
#Antifa
Zur Bürgermeisterwahl 2021
Während es bundesweit mit der NPD bergab geht, beobachtete der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein 2020 einen Mitgliederzuwachs von 20 Personen beim hiesigen Landesverband: „Das lag vor allem am Kreisverband Mittelholstein und seinem Vorsitzenden Mark Proch, der es verstand, neue Mitglieder zu werben.“ Der Wahlkampf für die Bürgermeisterwahl in Neumünster, zu der Proch erneut antrat, verlief jedoch überraschend ereignislos. Im Gegensatz zu vorherigen Wahlkämpfen führten der jüngst wegen Körperverletzung verurteilte Ratsherr Proch und seine KameradInnen in den letzten Wochen keinerlei Wahlkampfstände in der Innenstadt durch, auch wurden keine Flugblätter o.ä. verteilt, weder an neuralgischen Punkten in der Stadt noch an der Haustür. Lediglich die anti-grünen Wahlplakate der NPD, die zudem für eine Law & Order-Politik warben, waren im Stadtbild zu sehen, außerdem schaltete die Partei eine Anzeige im Wochenanzeiger, die zwar abgedruckt wurde, für die sich die Zeitung aber im Anschluss entschuldigte.
Große Chancen dürfte sich Proch nach seinen 2,6% im vorigen Anlauf 2015 nicht ausgerechnet haben, andererseits hatte die AfD für die jetzige Bürgermeisterwahl keinen Kandidaten gestellt, so dass Proch sich erhoffen durfte, zumindest deren WählerInnenstimmen auf sich zu vereinen. Auch dürfte er sich versprochen haben, dass die QuerdenkerInnen, die in Neumünster zumindest einige Wochen lang regelmäßig auf der Straße waren, ihm seine Stimme schenken, hatte er mit der NPD doch vor einigen Wochen einen Aufmarsch gegen die Corona-Politik der Regierung durchgeführt. Am Ende stimmten 786 Menschen aus Neumünster für die verfassungsfeindliche NPD, was 3,1% der WählerInnenstimmen entspricht. Wegen der gestiegenen Wahlbeteiligung bedeutet dies ein leichtes Plus, nicht nur in Hinblick auf den prozentualen Anteil, sondern auch auf die absoluten Zahlen (2015 waren es nur 575 Stimmen gewesen). Die besten Ergebnisse erzielte die Partei dabei in Faldera (20 Stimmen entsprechend 6,3% im Wahlbezirk 31) und in der Stadtmitte (ebenfalls 20 Stimmen entsprechend 6,3% im Wahlbezirk 30). Im Wahlbezirk 11, dem zur Stadtmitte gehörenden Vicelinviertel, erlangte Proch mit 34 Stimmen ganze 8,6%, was auch daran lag, dass hier die Wahlbeteiligung nur bei gut 15% lag. Das Viertel, was selbst bei Wikipedia als „sozialer Brennpunkt“ bezeichnet wird und in puncto Wahlbeteiligung „in Schleswig-Holstein Tiefstwerte“ einfährt, steht seit Jahren im Fokus von sozialarbeiterischen Stadtteilprojekten – zumindest in Bezug auf die Wahlbeteiligung bisher ohne große Veränderungen bewirkt zu haben.
Lichtblick: Im Wahlkreis 14 in Tungendorf erlangte die NPD mit 5 Stimmen nur 1,0% der Stimmen.
Im Wahlkampf hatten sich alle anderen Parteien klar gegen die extrem rechte Partei positioniert:„Die NPD gehört ausgegrenzt. […] Und es geht auch nicht, dass Ratsmitglieder zusammen mit den NPD-Ratsherren draußen eine rauchen“, erklärte SPD-Kandidat Bergmann. Der Juso-Vorsitzende Paul Weber hatte 2019 den CDU-Bürgermeister Tauras, der jetzt in die Stichwahl eingezogen ist, kritisiert, weil dieser sich im Gegensatz zu anderen Stadtobersten geweigert hatte, rassistische NPD-Wahlplakate abzunehmen. Kirsten Eickhoff-Weber, SPD-Abgeordnete für Neumünster und Boostedt, hatte ein Jahr zuvor den Aufruf der antifaschistischen Bündniskampagne „Titanic versenken – Nazikneipen dichtmachen“ unterzeichnet, ebenso wie die Grünen Aminata Touré und Rasmus Andresen. Der grüne Bürgermeisterkandidat Sven Radestock hatte seinerseits im Juni 2020 an den Black Lives Matter-Protesten in Neumünster teilgenommen und musste sich nun von Mark Proch vorhalten lassen, Anhänger*innen seiner Partei seien für das Sabotieren der NPD-Plakate verantwortlich. Auch der amtierende Bürgermeister Tauras hatte sich von der extremen Rechten distanziert, hatte aber beispielsweise 2009 seine Teilnahme an einer Demo gegen den Neonazi-Treffpunkt „Club 88“ abgesagt, u.a. weil er „reichlich verärgert“ darüber war, dass die Organisator*innen der Demonstration gegen Auflagen der Stadt geklagt hatten.
Weitere Informationen zur Wahl von der Antifa Lübeck.
Wir hatten schon im Wahlkampf klargestellt: Der Kampf gegen den Faschismus kann nicht nur im Parlament stattfinden, organisiert und vernetzt euch, bildet Banden! Antifa bleibt Handarbeit
Simplified English Summary below
Am Samstag, den 17.04.2021, trafen sich eine Handvoll AfD-Anhänger auf dem Pendlerparkplatz Wasbek um gegen die Eindämmung des Coronavirus zu demonstrieren. Obwohl die Kreisverbände der rechten Partei aus Nordfriesland und Neumünster an der Organisation beteiligt waren und auch der AfD-Landesverband dazu aufgerufen hatte, kamen gerade einmal 11 Autos und ein Motorrad zusammen, um sich an dem Autocorso zu betieligen. Ohne ihre zwei plakatierten Werbeanhänger – und ihre konsequente Missachtung der Hygieneregeln – hätten wir sie vermutlich nicht vom regulären Pendler*innenverkehr unterscheiden können.
Lebhafter ging es zeitgleich da schon auf dem Parkplatz des Freesencenters zu, wo sich 50 Aktivist*innen zu einer antifaschistischen Fahrraddemonstration formierten, um dem Autocorso vorwegzufahren und vor deren verschwörungsideologischen Inhalten zu warnen. Während sich die Fahhraddemo sehr gemächlich, aber unter lautem Klingeln und mit Antifa- und Seebrücke-Fahnen auf den Weg in die Innenstadt machte, verlief der Weg der AfD durch die Stadt erst einmal unspektakulär und ereignlos, nicht mal ein Hupen war zu hören – auch nicht von dem riesigen Stauchaos, welches diese ordnungsliebenden Sonntagsfahrer hinter sich verursachten.
Nachdem die Polizei den Autocorso, der sich vom Pendlerparkplatz über die B430 zum Ring bewegt hatte, nicht hinter der Fahrraddemo her Richtung Osten schickte, sondern ihn auf dem Ring Richtung Westen schickte, erhöhten die antifaschistischen Radler*innen das Tempo deutlich und gelangten vor der AfD auf den zentralen Großlecken, den Ort der geplanten Abschlusskundgebung der rechten Partei. Die Polizei änderte daraufhin erneut den Plan und wies der AfD einen Ersatzkundgebungsort zu, den AOK-Parkplatz an der Rudolf-Weißmann-Straße. Doch auch den erreichte der Corso nicht problemlos, nachdem die Fahhraddemo eine Kreuzung in der Plöner Straße blockierte und die Nazis umständlich durch die Ringstraße umgeleitet werden mussten.
Doch am Ende der Ringstraße (Ecke Rudolf-Weißmann-Straße) begann das Spiel von vorn, denn aus ungeklärten Gründen legten einzelne Fahrradfahrer*innen den mindestens 500m langen Umweg schneller zurück als die Autos die 170m lange Ringstraße.
Auch wenn die Polizei mit ihren insgesamt 180 Einsatzkräften schaffte, die AfD an den Blockaden vorbeizulotsen, verzeichnen wir den Tag als Erfolg, da die verschwörungsideologische Endkundgebung nicht in der Innenstadt, sondern abgeschottet auf dem AOK-Parkplatz abgehalten werden musste. Fernab jeder Laufkundschaft feierten sich die AfD-AnhängerInnen hier selber und schwurbelten etwa dreißig Minuten von ihrer behelfsmäßige Bühne auf dem PKW-Anhänger, immer wieder gestört von lauten Pfiffen und Sprechchören des Gegenprotests. Inhaltlich gab es bei den Reden nichts Neues, außer dass die AfD die Bewegungsfreiheit als Grundrecht deklarierte. Ob das auch Geflüchtete gilt? Dass die Aussagen der Partei zum Corona-Virus solch mangelhafte Kenntnisse grundlegender chemischer und biologischer Prinzipien offenbarten, dass jede*n Sechstklässler*in entsetzt gewesen wäre, zeigt aber auch, dass die Partei nicht mit Argumenten punktet, sondern dadurch, dass sie Ressentiments und Ängste schürt und aus der teilweise verständlichen Frustration der Bevölkerung über Fehler in der Corona-Politik Kapital zu schlagen versucht.
Zum Gluck war der Spuk dann schnell vorbei. Es sollte ein Autokorso werden, aber am Ende war es eine Trauerprozession, die ein Stück Würde der eigenen Partei zu Grabe trug. Einer Partei, die es fast in ganz Deutschland schafft, bei Wahlen anzutreten – in Neumünster ist das trotz einer langjährigen extrem rechten Infrastruktur in der Stadt nicht der Fall.
On 2021-04-29 around 20 nazis from the AfD tried to stage a protest against effective covid-19 measures. Antifascist counter-protesters managed to disrupt the event with their bicycles.
Lang lebe der Blog!
Da blogsport.de mittelfristig plant den Betrieb der Website einzustellen, haben wir beschlossen unseren Blog zu noblogs.org umzuziehen. Auf antifanms.blogsport.de werden keine neuen Beiträge veröffentlicht. Alle bisher auf antifanms.blogsport.de veröffentlichten Artikel sind jetzt auf antifanms.noblogs.org verfügbar.
Am 20.09. wurden beim erfolgreichen Klimastreik, an dem sich auch die Antifaschistische Aktion Neumünster, ver.di usw. beteiligten, bereits Flyer der Kampagne verteilt. „Kein Fame für Famous“ protestiert dagegen, dass die Holsten-Galerie Neumünster Rockern und Nazis den roten Teppich ausrollt. Hinter dem Tattooladen „Famous“ steckt nämlich niemand anderer als der bundesweit bekannte Nazirocker Peter Borchert, der von Bandido-Kollegen wie Matthias Stutz unterstützt wird. Wir wollen die OTTO-Familie, die hinter der Holsten-Galerie Neumünster steckt, daran erinnern, dass Zwangsprostitution, Frauenhandel und Naziterror nicht zum Verhaltenskodex des Unternehmens passen, zumal dieser Kodex explizit auch für alle Geschäftspartner gilt. „Schöner leben ohne Naziläden“ fordert das Bündnis aus Gewerkschaften, Kirche und AntifaschistInnen. Alle Infos zur Kampagne unter https://keinfamefuerfamous.noblogs.org/
PS: News zu den Bandidos um Peter Borchert gibt es auch aus Kiel: https://t.co/6v0NuAq9n6?amp=1
Der NPD-Kreisverband Mittelholstein, der sich vor allem um den Neumünsteraner Ratsherrn Mark Michael Proch konstituiert, analysiert auf seiner Facebook-Seite gerne Artikel des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags (shz.de): „Unglaublich , wie plump der Leser hier mal wieder manipuliert wird“ oder aber „Lügenpresse“ lauten dabei die gängigen Urteile, zu denen die extrem rechte Partei meist in wenigen Zeilen – und ohne gegenteilige Fakten und Belege anzuführen – kommt. Im gleichen Atemzug werden dann „alternative Wahrheiten“ verbreitet, die sich aufgrund fehlender Belege schwer nachvollziehen und damit auch schwer widerlegen lassen. Die junge Welt hat sich die Mühe gemacht, Meldungen wie diese, dass Übergriffe in Schwimm- und Freibädern angeblich vor allem von „Südländern“ ausgehen würde, auseinanderzunehmen: Im empfehlenswerten Artikel „Fake News für den Mob“ heißt es u.a.: „Die rechte Stimmungsmache hat nichts mit Fakten zu tun, das zeigen Anfragen des Senders in den 20 größten Freibädern Deutschlands.“ (siehe Artikel) Dass die Wahrheit dabei für die extrem Rechten nicht entscheidend ist, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2017, die netzpolitik.org wie folgt resümiert: „Wer Medien nicht glaubt, glaubt eher an Fake-News“ (siehe Artikel). Es geht ihnen vielmehr darum, Ressentiments zu befeuern und Konflikte zu schüren, ja sogar eskalieren zu lassen, in „einer gesellschaftlichen Situation, in der wir so massive Hasstaten gesehen haben gegen Minderheiten, in der wir sehen, wie schnell sich aus einem Einzelfall Konflikte so aufheizen, dass neue Gewalt entsteht“, so wird Gewaltforscher Andreas Zick von der Uni Bielefeld im junge Welt-Artikel zur Beschreibung der aktuellen gesellschaftlichen Stimmungslage zitiert. Das gilt es beim Lesen der NPD-Postings im Hinterkopf zu behalten, um ihnen nicht auf den Leim zu gehen.
Neumünster, von manchen liebevoll „der Osten des Nordens“ genannt, macht mal wieder Schlagzeilen. Während anderswo der Präsident des Bundesligavereins Eintracht Frankfurt, der Evangelische Kirchentag oder der Arbeiter-Samariter-Bund den Dialog mit der AfD verweigern (*1), wird in Neumünster sogar militanten Nazis und „rechten Rockern“ der rote Teppich ausgerollt. Am letzten Samstag durften „Bandidos“ um den ehemaligen NPD-Landesvorsitzenden Peter Borchert in der Holstengalerie, dem größten Shopping-Center in Neumünsters Innenstadt, ein Tattoo-Studio eröffnen, obwohl Rechtsextremismus-Experte Andreas Speit am Tag zuvor in der taz noch auf die Umtriebe der Betreiber hingewiesen hatte (*2).
„Sie machen Mode und Musik / Langweilen uns nicht mit Politik / Das Rechte ist so was von schick / Wie naiv kann man nur sein?“ Ärzte-Schlagzeuger Bela B warnte in seinem ironischen Lied „Deutsche, kauft nicht bei Nazis“ (*3) vor eben den Entwicklungen, die in der Stadt an der Schwale gerade zu beobachten sind. Denn trotz der – wie Andreas Speit betonte – mehrmonatigen, intensiven taz-Recherchen, die in menschliche Abgründe blickten und die rechten und kriminellen Hintergründe des „Famous Tattoo & Lifestyle Store“ detailliert aufdeckten, schlug die Meldung zwar augenblicklich hohe Wellen, provozierte aber auch erstaunliche Reaktionen.
Die Lokalredaktionen der shz (*4) und der Kieler Nachrichten (*5) griffen die Themen auf und berichteten recht ausgewogen, KN-Redakteur Thorsten Geil kommentierte lediglich im Nebensatz, der taz-Artikel stecke „voller Mutmaßungen“ – was dann die Center Managerin der Holstengalerie, Mailin Huljus, blumig ausschmückte. Nachdem sie schon den Zeitungen gegenüber angegeben hatte, der Tattoo-Laden mache ihr Shopping Center „bunter“ und werde von „netten und kreativen Menschen“ geführt, negierte sie in einem Interview mit dem Freien Radio Neumünster (*6), dass die Betreiber etwas mit den „Bandidos“ oder mit Nazis zu tun hätten und formulierte sogar die These, dass der taz-Artikel „nicht richtig recherchiert“ sei und vielleicht eher auf „befürchteter Konkurrenz“ beruhe als auf Fakten.
Der Runde Tisch für Toleranz und Demokratie antwortete in einer Pressemitteilung, dass braun nicht bunt sei und rechte Rocker keine Bereicherung für die Neumünsteraner Innenstadt darstellen würden (*7). In dem Radio-Interview wurde Huljus gefragt: „Finden Sie es kreativ, wenn man zu jemandem sagt: ‚Ich zerschneid dir das Gesicht und versenk dich in der Förde‘?“ – diese Frage spielt auf den ehemaligen Präsidenten der Bandidos Neumünster an, der wegen Menschenhandels und Zwangsprostitution verhaftet worden war (*8). Die Center Managerin zog sich in ihrer Verteidigungshaltung darauf zurück, dass die organisierte Kriminalität der „Bandidos“ und auch die extrem rechten Aktivitäten Borcherts, der u.a. die „Combat 18“-Terrorzelle, gegen die es Anfang der 2000er Razzien in Neumünster gegeben hatte, mit Waffen beliefert hatte, „Privatangelegenheit“ seien, sie hingegen sei nur an Geschäften interessiert. „Ich recherchiere so, dass ich die Betroffenen selbst befrage,“ sagte sie abschließend – mit Betroffenen meint sie hier nicht etwa die Betroffenen von Zwangsprostitution oder die AnwohnerInnen des bisherigen Standorts von „Famous“, die von Borchert und seinen Kameraden bedroht worden waren, sondern die Nazirocker selber, die ihr wenig überraschend versichert hätten, sie seien gar keine Nazirocker.
Was für einen Unsinn sie da redet, ist ihr wahrscheinlich selbst bewusst, was auch an ihren nervösen Reaktionen im Interview deutlich wird. Denn um festzustellen, dass Speit mit seinen Vorwürfen recht hat, reicht eine einfache Internet-Suche. Das hat auch Courier-Journalistin Dörte Moritzen festgestellt und in ihrem Artikel aufgezeigt: Auf der Homepage des Tattoo Shops wird der in der taz genannte Matthias Stutz tatsächlich als angestellter Mitarbeiter im Bereich Shop Management aufgeführt. Stutz‘ öffentlich einsehbares Facebook-Profil liefert allerhand Hinweise auf rechte Rockerstrukturen, ein Photo zeigt ihn neben Peter Borchert, beide in Kutte bzw. mit „Bandidos“-Patches (s. Bild 2).
Moritzen schreibt weiter, Stutz habe „als ‚Bandidos‘-Mitglied im Mai 2016 mit weiteren Beteiligten einen Kontrahenten der konkurrierenden „Hells Angels“ in Dägeling (Kreis Steinburg) niedergestochen […]. [Stutz] wurde dafür im Herbst 2017 vom Amtsgericht Itzehoe verurteilt.“ (*4) „Im Zweifel ist es ein paar Tage her“, rechtfertigt sich Huljus und meint in einem Anflug von Humor mit ein „paar Tagen“ ein paar Jahre – ein anderes Bild zeigt Stutz jedoch wirklich vor ein paar Tagen bei der Eröffnung des neuen Shops in der Holstengalerie Arm in Arm mit Bernd Pries, dem Präsidenten der Bandidos Padborg (s. Bild 3).
Auch die angebliche Mutmaßung, dass Peter Borchert der eigentliche Kopf hinter „Famous“ sei, konkretisiert Speit, der die extrem rechte Szene in Neumünster seit Jahrzehnten beobachtet, auf Nachfrage des Freien Radios noch einmal. (*6) Nicht nur, dass Borchert, der angeblich keinerlei Beziehung zu „Famous“ habe, regelmäßig im Shop in der Holstenstraße anzutreffen war, hier ans Telefon ging, als einziger Mitarbeiter Fragen beantworten konnte und es selbst in die Hand nahm, Kritiker*innen aus der Nachbarschaft zu bedrohen – auch im Netz antwortete Borchert auf Nachfragen an die offizielle „Famous“-Seite von seinem privaten Account und benutzte dabei das entlarvende Personalpronomen „wir“ (s. Bild 4). Aber in einer auf dem rechten Auge blinden Geschäftswelt hat natürlich alles mit nichts zu tun.
Dass Huljus, Vertreterin des Hamburger Betreibers von Einkaufszentren ECE (European Shopping Centre), in ihrer Neumünsteraner Holstengalerie, hinter der ein Investitionsvolumen von 145 Millionen Euro steckt, rein profitorientiert arbeitet, sich Zombies, die zum Shoppen jegliche Kritik ausblenden, als KundInnen wünscht und für maximale Konsumanreize auch auf ethische Standards verzichtet, ist keine Überraschung. Der Rolling Stone warnte jedoch in einer Rezension über George Romeros Zombie-Film „Day of the Dead“, der nicht zufällig in einem Shopping Center endet, wozu so eine Haltung führt: „Das Angebot verändert die Persönlichkeiten […] Der Wohlstand blendet die Gefahren jedoch nur aus.“ (*9)
Ironischerweise wird von den Skeptiker*innen als angeblicher Beleg dafür, dass die Vorwürfe gegen „Famous“ haltlos seien, auch die Polizei zitiert. Also die Stelle, deren Glaubwürdigkeit durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zu den Vorgängen um die „Soko Rocker“ unlängst massiv erschüttert wurde. Schon 2017 hatte das antifaschistische Rechercheportal „la QUiMERA“ in Hinblick auf die Verwicklungen, im Rahmen derer sich u.a. mit NPD-Politiker Horst Micheel befreundete PolizistInnen im Hinterstübchen der Nazikneipe „Titanic“ mit Nazirockern getroffen hatten, resümiert: „Insgesamt scheint sich rund um die Neumünsteraner Neonazi- und Rockerszene ein Sumpf gebildet zu haben, in dem auch Polizist_innen fleissig mitmischen. Durch finanzielle und freundschaftliche Verbindungen zwischen Rockern und der Polizei werden bestimmte Ermittlungen vorangetrieben und andere unterschlagen.“ (*10) Für Aufsehen sorgte im PUA dann vor allem, dass im Auto von Peter Borchert streng vertrauliche Unterlagen der Polizei gefunden wurden, die auch sensible Personendaten enthielten (*11). In der Sendung des Freien Radios Neumünster provozierte das die Bemerkung eines Moderators, „wenn die Polizei sensible Daten an Rocker herausgibt, muss man sich nicht wundern, wenn Betroffene schweigen“, Andreas Speit empfahl dann folgerichtig auch, sich stattdessen an Beratungsstellen für Betroffene zu wenden (*6). Daraus dann abzuleiten, dass es „keine Auffälligkeiten vom bisherigen Standort“ gäbe, wie die Pressestelle des Landeskriminalamtes (LKA) in Kiel es gegenüber Dörte Moritzen tat (*4), erscheint uns wie eine self-fulfilling prophecy, die im krassen Gegensatz zur von der Landespolizei erklärten „Null-Toleranz-Strategie“(*12) steht. In Neumünster gab es von AnwohnerInnen des Famous-Shops in der Holstenstraße durchaus Hilfegesuche an die Polizei – was allerdings ausblieb, war die erhoffte Unterstützung, was für uns den eigentlichen Skandal an der ganzen „Famous“-Debatte darstellt. Wieder einmal zeigt sich: Polizei, kein Freund und Helfer!
In Neumünster scheint dieser Skandal aber als „normal“ empfunden zu werden, halten sich die Proteste doch bisher in Grenzen. Was könnt ihr tun? Behaltet die Aktivitäten der Nazirocker im Auge, beschwert euch beim Holstengalerie-Betreiber ECE über eine Verletzung des Verhaltenskodex (*13), bewertet gerne auch die Position von Holstengalerie-Managerin Huljus auf deren Social Media-Präsenz (*14), verbreitet diesen Artikel – und bleibt dran: Naziläden dichtmachen, kein Fame für „Famous“!
Quellen:
*1: https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2019/Umgang-mit-der-AfD-Schluss-mit-Verstaendnis,afd2310.html
*2: https://taz.de/Rechtsextreme-etablieren-sich/!5600206/
*3: https://www.youtube.com/watch?v=PcRouDQzV5s
*4: https://www.shz.de/lokales/holsteinischer-courier/rechte-und-rocker-jetzt-in-neumuensters-bester-lage-id24309522.html?fbclid=IwAR3AUEN86zJ7ZvNaMzh6YkTQ3_fluHfy8LfEyO1inf_ibpUghHhhd9x8RZk
*5: https://www.kn-online.de/Lokales/Neumuenster/Aufregung-um-Tattoo-Studio-in-der-Holsten-Galerie-Neumuenster?fbclid=IwAR2HDwX9OM_bcHUKLXO0UVHh4aI35_8YIRlweJ3AgBDVjNmz4XBpuFaiCzY
*6: https://freiesradio-nms.de/2019/rechter-tattoo-laden-in-der-holstengalerie/
*7: https://twitter.com/AntifaNMS/status/1141667088236457984
*8: https://www.shz.de/regionales/schleswig-holstein/panorama/von-bandidos-chef-zur-prostitution-gezwungen-id571631.html
*9: https://www.rollingstone.de/dawn-of-the-dead-zombie-364325/
*10: https://quimera.noblogs.org/2017/hintergrunde-zum-polizeiskandal-in-schleswig-holstein/
*11: https://www.kn-online.de/Nachrichten/Schleswig-Holstein/Rocker-Affaere-Vertrauliche-Polizei-Papiere-in-Rocker-Auto
*12: https://www.kn-online.de/Nachrichten/Schleswig-Holstein/Kriminalitaet-Rocker-weiter-im-Fokus-der-Polizei
*13: https://www.ece.com/fileadmin/PDF_deutsch/Guidelines und Codexe/ECE_Verhaltenskodex.pdf
*14: https://www.facebook.com/pg/holsten.galerie.neumuenster/reviews