Eine kurze Auswertung zu den erfolgreichen Gegenaktivitäten
gestern unter: http://de.indymedia.org/2010/08/288168.shtml
Presseberichte von den Lokalzeitungen findet ihr hier und hier.
Kein Naziaufmarsch in Neumünster!
UPDATE VOM 19.08.:
Die Anfahrtszeiten wurden geändert, siehe unten.
Hier außerdem zum Artikel Situation vor dem Naziaufmarsch.
Der Startpunkt der Nazis wurde vom Kleinflecken auf den Parkplatz zwischen Schleusberg und Wasbeker Straße verlegt!
[Bisher war geplant, dass die Nazidemo ab 11 Uhr auf dem Kleinflecken zusammenkommt und dann folgende Route läuft: Kleinflecken – Bahnhofstr. – Linienstraße – Wippendorfstraße – Goebenstraße – Roonstraße – Log In – Wasbeker Straße – Hansaring – Schleusberg – Kleinflecken] Das Ordnungsamt hat angekündigt, dass eine verkürzte Route geplant ist, falls
es zu Blockaden oder anderen Gegenaktivitäten kommen sollte. Die Nazis haben gegen die Auflagen geklagt, ein Ergebnis steht noch aus.
Antifaschistische Aktivitäten
Auf dem Konrad-Adenauer-Platz ist von 9-14 Uhr eine Kundgebung angemeldet, welche als Anlaufpunkt für AntifaschistInnen dienen sollen. Daneben werden einige Menschen versuchen, die Route der Nazis friedlich zu blockieren, und zwar an der Kreuzung in der Bahnhofsstraße (siehe Karte). Weitere Aktionen sind erwünscht.
Es wird für den 21.8. in Neumünster eine Infostruktur geben. Den Ticker findet ihr hier , fürs Handy gilt diese Adresse: http://2108nazifrei.wap.sh
Die Telefonnummern lauten für den EA 0174 842 0175 und für das Infotelefon 0174 845 7008.
Die AJZ (Aktion Jugendzentrum) in der Friedrichstraße wird ab dem Nachmittag, im Anschluss an die Aktionen gegen den Naziaufmarsch geöffnet haben und kann als Anlaufpunkt genutzt werden. Am Abend findet hier ein Antifa-Soli-Konzert mit der Band „Stumbling Pins“ aus Kiel statt.
Gemeinsame Anreise aus anderen Städten
Nutzt die Treffpunkte, gemeinsam können wir die Nazis stoppen!
Kiel: Treffen: Treffen 9.40 Uhr Hauptbahnhof / Abfahrt der RB um 9.55 Uhr
Lübeck: Treffen 7.50 Uhr Lübeck Hauptbahnhof (aktuelle Infos bei Basta! Linke Jugend)
Hamburg: Treffen 9 Uhr Reisezentrum / Abfahrt 9.20 Richtung NMS (aktuelle Infos bei a² Hamburg)
Bei allem gilt: Informiert euch kurzfristig über den aktuellen Stand. Je nachdem was sich herausstellt, können sich die Abfahrtszeiten und/oder die Treffpunkte in Neumünster noch ändern. Bleibt flexibel, checkt regelmäßig www.antifa-kiel.org & http://antifanms.blogsport.de
Der Aufruf:
Für den 21. August kündigen Neonazis aus Schleswig-Holstein einen „Ehrenmarsch“ anlässlich des Todestages des Preußenkönigs Friedrich des Großen in Neumünster an. Friedrich der Große starb am 17.8.1786 – für die Nazis allerdings wohl nur ein Vorwand an diesem Datum aus einem ganz anderem Grund auf die Straße zu gehen. Der 17. August steht innerhalb der Naziszene vor allem für das „Gedenken“ an den Hitler-Stellvertreter und Nazi-Kriegsverbrecher Rudolf Hess, welcher am 17.8.1987 im Gefängnis in Spandau Selbstmord beging. Hess war u.a. an der Judenverfolgung im besetzten Polen beteiligt.
Den zentralen Aufmarsch der Szene, der bis 2004 im bayerischen Wunsiedel, dem Ort wo Hess begraben liegt, stattfand, gibt es in dieser Form auch dank antifaschistischer Intervention nicht mehr. Seit dem kommt es jährlich immer wieder, auch in Schleswig-Holstein, zu „spontanen“ Aktionen von Neonazis rund um dieses Datum, die Bezug auf den Tod von Hess nehmen.
Den angekündigten Aufmarsch in Neumünster bewerben sowohl der Landesverband der NPD, als auch ein aus dem Kreis der neonazistischen „Aktionsgruppen“ betriebenes Internetprojekt. Nachdem es am 16.8.2008 zu einer nächtlichen „Spontandemonstration“ von etwa 40 Nazis in Kiel kam und 2009 etwa genauso viele Nazis am 17.8. einen „Fackelmarsch“ in Kellinghusen durchführten, wollen die schleswig-holsteinischen Neonazis nun offensichtlich einen legalen Rahmen für ihre Verehrung des Kriegsverbrechers Hess schaffen. Aus diesem Grund wurde wohl nun auch Friedrich der Große aus der Mottenkiste gezerrt. Bundesweit werden solche Veranstaltungen immer wieder von den Behörden verboten, da es sich um offensichtliche Ersatzveranstaltungen für den verbotenen Aufmarsch in Wunsiedel handelt.
Die Nazis wollen am Samstag den 21.8. um 11 Uhr am Bahnhof in Neumünster aufmarschieren.
Wir werden diesem geschichtsrevisionistischen und NS-verherrlichenden Aufmarsch nicht tatenlos zuschauen. Dort, wo Neonazis ihre Ideologie der Ausgrenzung und Unterdrückung, ihren Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus auf die Straße tragen, werden wir ihnen mit aller Kraft und Entschlossenheit entgegentreten.
Gemeinsam werden wir den Naziaufmarsch stoppen!
Samstag | 21. August 2010 | Antifa-Aktionen
9 Uhr | Bahnhof | Neumünster
Weitere Infos zum NPD-Aufmarsch und zu antifaschistischen Gegenaktivitäten folgen!
Wollt ihr bei der Mobilisierung helfen? Plakat und Flyer hier runterladen und dann entweder ausdrucken oder digital weiterschicken.
Habt ihr Lust, euch tiefergehend mit dem Thema zu beschäftigen?
– Im Antifa-Café am 12.8. in der Alten Meierei wird es einen kurzen Infoblock zum Naziaufmarsch in Neumünster geben.
– zu den bis 2004 stattgefundenen Aufmärsche in Wunsiedel siehe hier und auch hier
„21.06.10
Am vergangenen Donnerstag und am Wochenende fanden mehrere öffentliche Aktionen von FaschistInnen in Schleswig-Holstein statt. Neben einer kleinen Kundgebung der NPD in Kiel, einem NPD-Infostand in Nortorf und einer DVU-Miniaktion in Lauenburg gab es auch eine größere Nazi-Aktion in Bargteheide nahe Hamburg, an der vor allem schleswig-holsteinische und hamburger Neonazis aus dem Spektrum der so genannten „autonomen Nationalisten“ teilnahmen.
Bereits am Donnerstagabend, 17. Juni kam es in Kiel zu einer Kundgebung von ungefähr 15 Neonazis aus dem Kreis der lokalen NPD und „Aktionsgruppe Kiel“. Die Neonazis tauchten gegen 19 Uhr in der Holstenstraße auf, hielten eine stationäre Kundgebung ab und verschwanden gegen 20 Uhr wieder in ihren Autos. Thema der Kundgebung neben beliebiger Nazi-Propaganda war der 17. Juni 1953 – dem Tag des ArbeiterInnenaufstands in der damaligen DDR. Während ihrer Aktion zogen sie den Unmut vieler Passant_innen auf sich und mit der Zeit trafen auch immer mehr Antifaschist_innen in der Innenstadt ein, zu nennenswerten Störungen der Nazi-Aktion kam es aber leider nicht mehr.
Am Samstag, 19. Juni, kam es dann zu drei weiteren faschistischen Aktionen in Schleswig-Holstein: In Bargteheide plante die Neonazigruppierung „NaSo Stormarn“ einen Aufmarsch durchzuführen. Für diese Aktion mobilisierten die Nazis landesweit aber nicht öffentlich. Gegen 12 Uhr versammelten sich ca. 50 Neonazis am Bahnhof in Bargteheide, welche aus allen Teilen des Landes und aus Hamburg kamen, um von dort aus zum Marktplatz zu gehen. Kieler Neonazis der „Aktionsgruppe Kiel“, darunter Daniel Zöllner und Thomas Breit, waren hier genauso anwesend wie der Hamburger Neonazi Christian Worch, welcher später noch auf der DVU-Kundgebung in Lauenburg sprach. Die Neonazis hielten eine Kundgebung auf dem Marktplatz ab, ihre Selbstdarstellung war martialisch, viele waren schwarz gekleidet, mit Knüppeln bewaffnet und teilweise vermummt. Die ganze Aktion war angemeldet, wurde jedoch seitens der Polizei und der bürgerlichen Presse im Vorfeld konsequent verschwiegen. Trotzdem waren über 100 Nazigegner_innen in Bargteheide unterwegs. Örtliche Antifaschist_innen mobilisierten mit Flyern gegen die Kundgebung und die Nazis sahen sich immer wieder direkten Aktionen von autonomen Antifas ausgesetzt. Die Faschist_innen wurden mehrfach direkt, u.a. mit Flaschen und Steinen angegriffen, so dass ihr klandestin geplanter Auftritt wohl nicht zum gewünschten Erfolg werden konnte.
Angekündigt hingegen hatte sich die in Bedeutungslosigkeit versinkende DVU mit einer Kundgebung in Lauenburg. Doch auch hier wurden die diesmal nur mit lediglich 8 Teilnehmer_innen vertretenen Nazis gegen 15 Uhr von über 100 Nazigegner_innen empfangen. Die Kundgebung der DVU fand auf einem menschenleeren Platz statt, nur wenige Menschen dürften überhaupt etwas von dieser Aktion mitbekommen haben. Ähnlich sah es in Nortorf aus, wo ganze 6-10 Nazis aus Neumünster gegen 12 Uhr einen Infotisch der NPD aufbauten.“
Quelle: http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/oeffentliche-naziaktivitaeten-in-schleswig-holstein.html
Solidarität mit Claudiu C. und allen anderen Betroffenen rechter Gewalt! – Schluss mit der Nazigewalt in Kiel – Weg mit der neonazistischen „Aktionsgruppe Kiel“! mehr dazu hier
Alexander Hardt, Mitglied der inzwischen verbotenen Bandidos Neumünster, fungierte als Kontaktperson zum Vertrieb von Einbruchswerkzeugen wie Schlagschlüsseln, wofür er die Adresse des Club 88 angegeben hatte. Die entsprechende Internetdomain ist weiterhin auf Hardt gemeldet, den Kontakt hat nun allerdings Lars Bergeest übernommen, ein alter Freund von Hardt, den er aus dem Kreis Ostholstein kennt, wo beide als Neonazis aktiv waren. Das Postfach, das Bergeest für den Kontakt nutzt, befindet sich in Bordesholm.
Bergeest, der eine wichtige Rolle bei „Blood&Honour“ Dänemark innehat, stammt ursprünglich aus Cismar, Hardt hat eine Zeit lang in Neustadt i.H. gewohnt und stand dort 2006 auch wegen der Schändung des „Cap Arcona Denkmals“ im Zuge einer „Combat 18“-Aktion vor Gericht. Auch in jüngster Vergangenheit fielen beide mehrfach auf: Hardt wurde gerade im „Kommando Freisler“-Prozess verurteilt, Bergeest besuchte mit der DNF noch im März diesen Jahres den Naziaufmarsch in Lübeck.
Mehr dazu hier.
Im jüngst erschienenen Verfassungschutzbericht für Schleswig-Holstein wurde dem Club 88 eine „herausragende Rolle“ bescheinigt. Insgesamt habe es fünf Rechtsrockkonzerte gegeben, dazu acht Liedermacherauftritte, wovon sieben im Club 88 stattfanden. „Dort haben sich dann bis zu 70 Zuhörer eingefunden“, so zitiert Horst Freires auf der Seite Blick nach Rechts (bnr.de) den Bericht. „Das Format der Musikveranstaltungen ist zunehmend lokaler und regionaler ausgeprägt gewesen, dazu kleiner und mit einer wachsend konspirativen Vorbereitung. Seitens der Veranstaltungen sind verstärkt rechtsextreme Straftaten registriert worden“, heißt es weiter.
Den ganzen Artikel findet ihr hier.
Am Vormittag des 27.4.2010 fand vor dem Amtsgericht Neumünster ein weiterer Prozess gegen Nico Seifert statt. Hintergrund war der Angriff auf den Pressesprecher des Bündnis gegen Rechts im vergangenen Sommer (Berichte siehe hier: Aufruf / Bericht über die Demo).
Neben etwa ein dutzend AntifaschistInnen waren auch 6 Nazis anwesend, darunter Nico Seifert und Manuel Fiebinger, der auch bereits den Prozess im Februar mitbegleitete. Am Eingangsbereich wurden beide Gruppen strengen Körperkontrollen unterzogen, wobei bei den Nazis auch einige Gegenstände vorrübergehend konfistiert wurden.
Der öffentliche Prozess begann mit etwas Verzögerung um kurz nach 11:00 Uhr. Von Anfang an lief dieser für Nico Seifert nicht sehr glücklich, da sein Anwalt Herr Lehmann sich schon in den ersten Minuten mit dem Richter und dem Oberstaatsanwalt lautstark in die Haare bekam, was sich auch im weiteren Verlauf der Verhandlung nicht wesentlich ändern sollte. Die Aussage von Nico Seifert war gefüllt mit etlichen Lügen und Widersprüchen des Tathergangs, was sich auch durch die Zeugin Kirchoff, die ihn eigentlich entlasten sollte, weiter bekräftigte.
Spätestens durch die Aussage des Polizeibeamten, die sich mit der Aussage des Bündnissprechers deckte, war klar, wie der Prozess enden würde.
Nico Seifert wurde vom Amtsgericht Neumünster zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro und einem Fahrverbot von 3 Monaten verurteilt. Damit liegt der richterliche Beschluss sogar über der Forderung des Oberstaatsanwaltes. Strafmindernd floß jedoch sicherlich auch die Bekräftigung Seiferts ein, er würde am 1.8.2010 eine Ausbildung als Fleischer beginnen.
Dass Nico Seifert sich selbst als Straight Edge bezeichnet und ein „I love Tofu“ Aufkleber am Auto hat, lassen wir mal so dahingestellt.
Abschließend lässt sich sagen, dass das Medienkollektiv von Antifainfo Neumünster die Verurteilung Nico Seiferts als einen erneuten Erfolg gegen faschistische Bestrebungen in Neumünster und Umgebung sieht.
Nachfolgend dokumentieren wir noch die offizielle Pressemitteilung des Bündis gegen Rechts Neumünster.
(Zur Info: Nico Seifert wurde am 18.2. wegen eines anderen Vorfalls zu 60 Arbeitsstunden und einer Geldstrafe von 400,- Euro veurteilt. Siehe hier.)
Bündis gegen Rechts Neumünster vom 27.4.10:
„Pressemitteilung: Neonazi wegen Angriffs auf Pressesprecher des Bündnis gegen Rechts Neumünster verurteilt
Am 27.4 wurde vor dem Amtsgericht Neumünster der 22 jährige Neonazi Nico Seifert zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen a 10€ und einem 3 monatlichen Entzug der Fahrerlaubnis verurteilt. Nico S. hatte im Juni vergangenen Jahres den Pressesprecher des Bündnis gegen Rechts Neumünster in dessen Fahrzeug mit seinem PKW zunächst versucht von der Spur zu drängen und anschließend die Fahrzeugscheibe mit einem Teleskopschlagstock eingeschlagen.
Für Nico Seifert war dies bereits die zweite Verurteilung in diesem Jahr. Im Februar war er wegen schwerer Körperverletzung vor dem Amtsgericht zu 60 Arbeitsstunden und 400 € Schmerzensgeld verurteilt. Am Rande einer NPD-Kundgebung vor dem Kieler Rathaus hatte er im Mai 2008 zusammen mit Kieler Neonazis eine kleine Gruppe AntifaschistInnen überfallen und teilweise erheblich verletzt.
Der jetzt verhandelte Vorfall fügt sich ein in eine Reihe von Nazianschlägen im vergangenen Jahr in Neumünster. Seit Anfang 2009 wurden mehrfach Fahrzeuge von Personen beschädigt, die den Nazis mutmaßlich als aktive Menschen aus der antifaschistischen und antirassistischen Arbeit bekannt sind. Im Mai 2009 überfielen rund 10 Neonazis eine kleine Gruppe TierrechtlerInnen bei einer Protestaktion vor dem Zirkus, auch hier wollen Zeugen Nico Seifert als einen der Täter erkannt haben.
Hinter den Übergriffen stand die sog. „Aktionsgruppe Neumünster‘‘, die sich selbst im Internet zu ihren Taten bekannte und bei fortgesetzter antifaschistischer Arbeit weitere Gewalttaten ankündigte.
Als Reaktion auf die Vorfälle hatten im Juni 2009 rund 250 Menschen in Einfeld gegen neonazistische Gewalt demonstriert und Nico Seifert öffentlich als einen der Hauptverantwortlichen benannt. Nach dieser Demonstration und der Öffentlichkeitsarbeit fand der organisierte Naziterror in großen Teilen ein vorläufiges Ende.
Nico Seifert war vor Gericht von weiteren Neonazis, die z.T. der „Aktionsgruppe Neumünster“ angehören, begleitet worden, denen bei betreten des Gerichtssaales zunächst mindestens eine Schlagwaffe abgenommen wurde. Nicht zuletzt dies belege die fortgesetzte Gewaltbereitschaft und unterstreiche auch weiterhin die Notwendigkeit antifaschistischer Arbeit, gerade in dieser Stadt.“
*UPDATE* 30.4.2010
Bericht des Holsteinischen Courier:
NEONAZI SPIELT WILDWEST IN DER ROONSTRASSE
30. April 2010 | Von Jens Bluhm
Der Sicherheitsaufwand war nicht ohne: Schon am Eingang des Gerichtsgebäudes filzten Polizei und Justizbeamte Besucher aus der rechten und der linken Szene, vor und im Gerichtssaal selbst sollten gleich mehrere Justizbeamte mögliche Ausschreitungen unterbinden und für Ruhe sorgen. Immerhin ging es in der Verhandlung auch um ein kleines Stückchen Kleinkrieg zwischen den verfeindeten Lagern: Auf der Anklagebank saß Nico S. (23), stadtbekannter Aktivist der rechtsradikalen Szene in Neumünster. Der wichtigste Zeuge war Gero G. (20), ein Wortführer aus der links-alternativen Szene.
Allerdings waren es nicht die verfeinden Unterstützer auf den Zuschauerbänken, sondern Richter und Verteidiger, die sich gleich zu Beginn der Verhandlung mächtig in die Haare gerieten: Als der Richter den allzu lässig im Stuhl hängenden Angeklagten aufforderte, sich ordentlich hinzusetzen, fühlte sich dessen Verteidiger auf den Plan gerufen: „Ach lassen Sie das doch, so wollen wir gar nicht erst anfangen!“ Der Richter nahm sich daraufhin wutschnaubend den Anwalt zur Brust: „Ich verbitte mir diesen Ton. Ich verlange Respekt vor dem Gericht!“
Dass sich der Verteidiger kurz darauf auch noch mit dem Staatsanwalt anlegte, weil der ihn wegen einer angeblichen Suggestivfrage rügte, verbesserte das Klima im Saal nicht gerade.
In der Sache ging es um eine wilde Verfolgungsfahrt, die sich der Angeklagte im vergangenen Juni, am Tag der Europawahl, mit Gero G. auf der Roonstraße und der Wasbeker Straße lieferte. Laut Anklage soll Nico S. seinem Widersacher, dessen Wagen er auf der Straße erkannt hatte, verfolgt und ihm mit einem Schlagstock aus dem fahrenden Wagen heraus das hintere Fenster seines VW-Busses zertrümmert haben.
Nico S. bestritt das: Nicht er, sondern sein Gegner habe ihn mit waghalsigen Fahrmanövern verfolgt und von der Straße abgedrängt. Nur zum Selbstschutz habe er mit dem Stock aus dem Autofenster heraus gedroht, dabei vielleicht auch den VW-Bus gestreift, aber keineswegs gezielt zugeschlagen.
Gero G. beschrieb das anders und blieb dabei: Der Angeklagte habe ihn attackiert und ihm mit zwei Schlägen das Autofenster zertrümmert.
Fast zwei Stunden versuchte das Gericht zu klären, wer in welcher Phase der Wildwestfahrt über die Roonstraße nun Jäger, wer Gehetzter war. Auch eine Zeugin, die das Rennen als Beifahrerin von Nico S. live verfolgte, konnte nur wenig Erhellendes beisteuern.
Bündnis gegen Rechts zeigt sich erleichtert
Letztlich schenkte das Gericht der Aussage des Zeugen Gero G. Glauben, der seine Version mit einem Eid bekräftigte. Seine Darstellung deckte sich darüberhinaus weitgehend mit der Schilderung einer Polizeistreife, die allerdings nur den letzten Teil der Jagd über die Roonstraße verfolgt hatte.
Gegen den Angeklagten sprach aus Sicht von Richter und Staatsanwalt auch das rätselhafte Verhalten von Nico S. nach der wilden Sause. Nachdem die Polizei ihn gestoppt hatte, gab er zwar zu, gerade eine rote Ampel überfahren zu haben, sagte zu der angeblichen Bedrohung durch Gero G. aber keinen Ton. Richter und Staatsanwalt folgerten daraus, dass es diese Bedrohung in Wahrheit nie gegeben hatte.
Wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung verurteilte das Gericht den derzeit arbeitslosen Angeklagten zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Darüber hinaus verhängte der Richter ein dreimonatiges Fahrverbot. Der Schlagstock wurde eingezogen.
Das „Bündnis gegen Rechts“ zeigte sich gestern erleichtert über die Verurteilung. Der verhandelte Fall füge sich nahtlos in eine ganze Reihe von Nazi-Anschlägen ein, bei denen Autos von Personen beschädigt worden seien, die sich gegenrechtsradikale Gewalt engagierten, heißt es in einer Stellungnahme. Der Fall belege die fortgesetzte Gewaltbereitschaft der Neonazis.
Aufruf der Initiative Plön bleibt bunt!:
Gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung – Plön bleibt bunt!
Für den 17. April hat die rechtsradikale Partei DVU eine Kundgebung auf dem Plöner Marktplatz unter dem Motto „Für Arbeit, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit“ angemeldet. Was sich brav und bürgerlich gibt, zielt auf Hass und Gewalt. So wurden in der Vergangenheit solche Infostände auch von anderen Gruppierungen besucht, beispielweise
von Mitgliedern der gewaltbereiten Freien Kameradschaften. Bei einer Veranstaltung in Husum ist auch Christian Worch, Holocaust-Leugner, führender Nazi-Kader und verurteilter Gewalttäter, aufgetreten.
Nachdem die Kooperation der DVU mit der NPD („Deutschlandpakt“) offiziell aufgekündigt worden ist, ist die Partei bundesweit in die Defensive geraten. Aus den Landesorganisationen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein heraus versuchen sie, durch Kundgebungen und Infostände wieder Fuß zu fassen. Die Kundgebung in Plön scheint daher nur Teil einer längerfristigen Kampagne zu sein.
Die Nazis nutzen mit ihrem Slogan das Bedürfnis von Menschen nach gesicherten Lebensverhältnissen aus. Tatsächlich streben sie eine Gesellschaft an, die radikal Menschen anderer Hautfarbe und Nationalität ausgrenzt. 65 Jahre nach dem Sieg über den deutschen Faschismus versuchen die Rechten, ihre ewiggleiche Ideologie in neuen Gewändern zu präsentieren.
Unter dem Motto „Plön bleibt bunt“ ruft ein breites Bündnis aus SchülerInnen, Parteien, Gewerkschaften und antifaschistischen Organisationen auf, laut die Stimme gegen Nazis zu erheben. Bringen Sie Trillerpfeifen, bunte Transparente, Musikinstrumente mit und lassen Sie uns gemeinsam zeigen: Die Präsenz von Neonazis darf nicht zur Normalität werden – nicht in Plön und nicht anderswo!
Am 17. April, um 10 Uhr auf dem Plöner Marktplatz
Für Rückfragen: ploen_bleibt_bunt@web.de
An Donnerstag, den 08. April 2010, findet ab 19:00 Uhr die April-Ausgabe des
Antifa-Café in der Alten Meierei (Kiel) statt. Gezeigt wird der Film „Uno di noi“,
der die Erstellung eines Graffitis in Bochum dokumentiert. Dieses erinnert
an sieben AntifaschistInnen aus verschiedenen europäischen Ländern, die in
den vergangenen Jahren von Neonazis ermordet wurden.
Zudem wird es einen kurzen Infoblock zu den antifaschistischen Aktivitäten
gegen die DVU-Kundgebung am 17.04. in Plön geben, bevor der Abend mit
gemütlichem Kneipen-Beisammensein ausklingt.
Neue Infos zu Plön findet ihr auch hier.
Die DVU hat für den 17. April 2010 um 11 Uhr auf dem Marktplatz in Plön eine Kundgebung angemeldet.
Nach Husum soll dies die zweite öffentliche Kundgebung der DVU in Schleswig-Holstein werden. Die DVU, welche lange Zeit in Schleswig-Holstein und fast im ganzen Bundesgebiet nur auf dem Papier existierte, versucht seit kurzem mit neuen Leuten wie dem Ex-NPDler Kevin Stein in Nordfriesland und dem bundesweit bekannten Neonazi-Kader Christian Worch wieder aus der Versenkung hervorzutreten. Anmelder der Kundgebung in Plön ist Hans-Gerd Wiechmann.
Weitere Infos folgen.